Deutsche Polizisten

An einem der Nächte während der Dreharbeiten, geriet ein PKW wegen eines fehlenden Bremslichtes in eine Routinekontrolle. Die Überprüfung der PKW-Insassen ergab, daß einer der jungen Männer sich illegal in Deutschland aufhielt. Der junge Mann war Türke und wurde zur Gefangenensammelstelle weggebracht. Auf der Fahrt dorthin hielt er den Kopf gesenkt und seine Hände schützten das einzige, was er besaß: Drei Musikkassetten.

An einem anderen wurden die Polizisten wegen nächtlichen Schüsse im Hinterhof gerufen. Eine junge Frau gab sie ab, ungezielt, in die Luft. Nachher wurde uns klar, daß sie auf sich aufmerksam machen wollte, daß sie wollte, daß Polizisten zu ihr kommen sollten. In ihrer Wohnung gab es unzählige Lehrbücher der Polizei. Sie hatte sich beworben, hatte die Polizeischule nicht bestanden. Das war ihre Tragödie. Als die Polizisten die Bücher entdeckten, da liefen sie ganz mulmig und irgendwie kleinlaut durch die Wohnung. Die Grenze zwischen ihnen und der perspektivlosen und verzweifelten Frau war sehr schmal geworden.

Der junge Türke, der abgeschoben wurde. Der wollte hier in Deutschland einen kleinen Handel aufmachen, sich eine Existenz aufbauen. Und das wollen alle, alle Migranten dieser Welt. Einen Handel, ein Auskommen, Ruhe. Und selbst die kleinen BTM-Gangster, die kleinen Dealer. Letztendlich ist ihr Handel der einzige, zu dem sie Zugang erhalten haben.

An der Schnittstelle von Gesetzgebung/Politik und Wirklichkeiten, da halten sich tagtäglich die Polizsiten auf. Der Film portraitiert sie. Er zeigt, wie sie sich zusammenhalten. Wie sie zumachen. Sich ins Uniformierte flüchten und was ihre Panzer durchdringt. Bürol B. lacht, als er sagt, wir sind die Guten und die sind die Bösen. Er glaubt selbst nicht an den Satz. Die Polizisten wissen, daß sie nicht viel trennt von der Welt, in der sie arbeiten.

Wir, die ein paar Wochen mit der Kamera dabei waren, wir begehrten schon nach wenigen Tagen einfache Wahrheiten und Spendenkontos oder kirchlichen Beistand. Diskutierten nach Drehschluß und wollten Gebrauchsanweisungen und Antworten. Bis uns klar wurde, daß wir an einem Film arbeiten, der eine Frage zu sein hat.

Text von Aysun Bademsoy

Erscheinungstermin: 2004
Produktion: Harun Farocki Filmproduktion
FSK: /